Frankfurter Rundschau v. 17.03.2006, S.29, Ausgabe: R Region

Planungsbeiräte zahlen sich aus

Dezernent Wenzel berichtet von positiven Erfahrungen / Kritiker bezweifeln die Legitimation der Gremien

SPD und Grüne wollen an den so genannten Planungsbeiräten festhalten. Die Vertreter unterschiedlicher Interessen säßen an einem Tisch, lobt Planungsdezernent Dieter Wenzel. Kritiker befürchten, dass Schattenparlamente entstehen.

Darmstadt · Die Planungsbeiräte arbeiten nach Einschätzung von Planungsdezernent Dieter Wenzel (SPD) sehr erfolgreich. "Wir haben gute Erfahrungen gemacht." Derzeit gibt es vier solcher Gremien, denen neben Vertretern der Verwaltung und der Parteien, Bürger, Vereine und Organisationen angehören. Wenzel verhehlt nicht, dass bei den Sitzungen unterschiedliche Interessen aufeinander träfen. "Das sind keine Friede-Freude-Eierkuchen-Veranstaltungen."
Die Treffen dienten dazu, die Teilnehmer auf den gleichen Wissensstand zu bringen und Argumente auszutauschen. Konflikte könnten so frühzeitig beigelegt werden, sagt Wenzel: "Die Planungsbeiräte haben das Ziel, hohe Akzeptanz für Entscheidungen zu schaffen." Wenzel will an diesen Beratungsgremien festhalten. Das entspreche dem Politikstil der rot-grünen Koalition, die auf hohe Transparenz Wert lege. Die Beiräte könnten allerdings nur bei Projekten mit großer Bedeutung für die Stadt einberufen werden. "Das geht nicht bei jedem kleinen Kanal." Da die Treffen meist nach Feierabend stattfänden, müssten die Vertreter der Verwaltung Überstunden machen. Unter dem Strich mache sich das aber bezahlt – "und das nicht nur im übertragenen Sinn", sagte Wenzel.
Wie der grüne Fraktionsvorsitzende Jochen Partsch berichtet, war Wenzel nicht immer ein Anhänger von Planungsbeiräten. "Den zur Nordostumgehung mussten wir Grüne gegen den Dieter und die SPD durchsetzen." Es habe sich gelohnt. Der Beirat habe wesentlich dazu beigetragen, die Diskussion über die Umgehungsstraße zu versachlichen und "auch wichtige Verbesserungen gebracht". Er verweist auf den Tunnel unterhalb der Mathildenhöhe, für den sich das Gremium einstimmig ausgesprochen hat. In der ursprünglichen Planung sollte die Trasse offen verlaufen. "Wir sind mit den Planungsbeiräten zufrieden."
Felix Weidner vertrat den Verein für Innovative Verkehrssysteme (IVDA) im Verkehrsforum, das einen Verkehrsentwicklungsplan erarbeitete. "Das Forum hat gegenseitiges Verständnis geschaffen", sagt Weidner. Da sich Politik, Verwaltung und Organisationen frühzeitig mit einem Thema befassen, würden Probleme besser erkannt. "Man kann sich dann um eine von allen akzeptierte Lösung kümmern." Das sei kaum möglich, wenn die Planung bereits weit fortgeschritten sei.
Beiräte als Ersatzparlament
Die CDU hält die Beiräte für sinnvoll, wenn Bürger die Möglichkeit haben, sich über eine Planung zu informieren und ihren Sachverstand einzubringen. "Dann ist das in Ordnung", sagt der stellvertretende Fraktionsvorsitzende Ludwig Achenbach. Er kritisiert, dass die rot-grüne Koalition Debatten häufig mit dem Argument beenden wolle, ein Planungsbeirat habe ein bestimmtes Thema bereits entschieden. "Das hören wir im Stadtparlament sehr oft." Der Magistrat versuche, die Beiräte als Ersatzparlament zu vereinnahmen. Er hält das für unfair, weil der Magistrat selbst Mitglieder in die Gremien berufen habe. Eines müsse klar sein, so Achenbach: "Ein Beirat kann das Parlament nicht ersetzen." Die Entscheidungen müssten dort fallen.
Planungsbeiräte sollen Entscheidungen eine demokratische Legitimation verleihen, meint Helmut Klett (Uwiga). Das sei sehr zweifelhaft. "Man muss sich ganz genau anschauen, wer im Beirat sitzt." Oft sei unklar, wer dort mitarbeiten dürfe. Klett kritisiert, dass Planungsbeiräte oft Druck auf Außenstehende ausüben, die eine andere Meinung vertreten.
Jochen Partsch sieht das anders. In den Beiräten säßen Vertreter aller Parteien, die Entscheidungen mit den Fraktionen absprächen. Ein einstimmiges Votum eines Beirates spiegele deshalb die Haltung der Parteien wider. Gert Blumenstock

Frankfurter Rundschau v. 17.03.2006,
S.29, Ausgabe: R Region